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Börse und Glück – Passt das?

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Ich habe einen Bekannten, der ebenfalls an der Börse aktiv ist. Diesem Bekannten gelingt einfach jedes Investment. Er irrt sich quasi nie. Es ist einfach ein Phänomen zu beobachten, wie sich ihm immer wieder neue Investitionschancen auftun und diese auch jedes Mal erfolgreich in die von ihm gewünschte Richtung laufen. Man könnte wirklich meinen, dass dieser Mensch enormes Glück hat. Eigentlich kann doch kein Mensch so häufig richtig liegen.

Ich denke Jedem ist klar, dass eine Glückssträhne mitnichten der Grund für die jahrelange Erfolgsserie meines Bekannten sein kann. Sein Erfolg erweckt natürlich den Anschein, es wäre eine Glückssträhne, aber dahinter steckt eigentlich etwas ganz anderes.

Klar ist auch, dass es an der Börse tatsächlich glückliche Umstände geben kann. Ich kann beispielsweise in eine Aktie investieren, deren Unternehmen kurze Zeit später ein Übernahmeangebot vorliegt. So schnellen die Aktien nach oben, und ich erziele eine für diesen Zeitraum atypisch hohe Rendite. Keine Frage, dass der Umstand der Übernahmeofferte glücklich war. Darüber kann ich mich durchaus freuen, obwohl die Übernahme außerhalb meines Einflussbereiches stand.

Diese Perspektive übersieht jedoch ein winziges Detail. Ich habe die Aktie erst einmal besitzen müssen, um von der Übernahme zu profitieren. Ich habe nicht auf eine Übernahme spekuliert; das wäre einseitiges und fahrlässiges Anlegerverhalten. Vielmehr stecken hinter meinen Engagements an der Börse grundsätzlich fundamentale Überlegungen. Zum einen war ich der Überzeugung, dass das Unternehmen gute Arbeit macht und hervorragende Produkte herstellt. Zum anderen evaluierte ich die Bewertung dieses Unternehmens als in Relation zu seiner Ertragsstärke zu günstig. Diese beiden Punkte sah wohl auch der übernehmende Konzern, weswegen er das Unternehmen aufkaufte.

Wenn ich in eine Aktie blind investiere, dann liegt die Wahrscheinlichkeit für ein Steigen oder Fallen der Aktie theoretisch bei 50%. In der Theorie ist diese Chancengleichheit immer gegeben, sodass sich die Aktienkurse mit jeder Veränderung zufällig nach oben oder unten bewegen. Das mag vielleicht für kurzfristige Bewegungen stimmen; es stimmt wohl auch, dass Aktienkursverläufe nicht vorhersehbar sind. Das wäre ja auch zu schön um wahr zu sein. Allerdings interessieren mich die kurzfristigen Bewegungen überhaupt nicht. Ich bin ein mittel- und langfristig orientierter Anleger, und ich ziele auf Kurssteigerungen ab, die höher ausfallen als die paar Prozentpunkte, die innerhalb eines Tages oder einer Woche erzielt werden.

Fakt ist jedoch, dass die Wahrscheinlichkeiten langfristig sehr wohl zu den eigenen Gunsten gedreht werden können. Anders lässt sich der starke Erfolg meines Bekannten über viele Jahre hinweg nicht erklären. Alle erfolgreichen Investoren, wie beispielsweise auch Warren Buffet oder George Soros, die seit Jahrzehnten erfolgreich an der Börse investieren, haben die Wahrscheinlichkeiten zu ihren Gunsten beeinflusst.

Es geht also nicht um Glück, sondern um Wahrscheinlichkeit. Im Folgenden möchte ich Ihnen drei Punkte erläutern, mit denen Sie die Wahrscheinlichkeit an der Börse auf Ihre Seite holen. Dennoch gibt es kein absolutes Geheimrezept für Ihren Anlageerfolg. Vielmehr bedarf die gezielte Steuerung Ihres Investitionserfolgs einiges an Aufwand. Aber die Arbeit lohnt sich.

Kenne alle Aktien!

Die deutsche Aktienlandschaft kann man mit einem weinenden und einem lachenden Auge betrachten. Auf der einen Seite ist der deutsche Aktienmarkt im Vergleich zu den angelsächsischen Märkten unterentwickelt, denn deutlich weniger Menschen interessieren sich für oder investieren in Aktien. Dadurch bleibt viel Entwicklungspotenzial auf der Strecke. Auf der anderen Seite ist der deutsche Aktienmarkt aber überschaubar. Die Zahl der Unternehmen, die ihre Aktien an der Börse gelistet haben, ist deutlich zurückgegangen, sodass sie mittlerweile nur noch knapp 650 beträgt. Dieser Rückgang wurde einerseits durch eine hohe Zahl an Insolvenzen, Übernahmen und Delistings von den Börsen, andererseits durch die geringe Zahl der neuen Börsengänge verursacht. Sich einen Überblick über all diese Unternehmen zu verschaffen, ist also mit einem vergleichsweise überschaubaren Aufwand verbunden. In den USA beispielsweise ist die Vielfalt an börsennotierten Unternehmen auch proportional um ein Vielfaches höher als in Deutschland.

Es erschließt sich logisch, dass man nur dann die besten Unternehmen herausfiltern kann, wenn man alle kennt. Woher soll ich wissen, dass die 10 oder 15 in meinem Depot vorhandenen Unternehmen die besten in ganz Deutschland sind, wenn ich vielleicht einen Großteil der anderen Unternehmen überhaupt nicht kenne?

Wenn Sie wirklich erfolgreich sein wollen, kommen Sie also nicht umhin, sich einen riesigen Fundus anzueignen. Der Autor von „Supermoney,“ Adam Smith, interviewte 1993 Warren Buffett, den wahrscheinlich erfolgreichsten Investor unserer Zeit. Im Rahmen dieses Interviews fragte er Buffett, was er einem Einsteiger raten würde, um mit einem vergleichsweise kleinen Startkapital an der Börse erfolgreich zu sein. Buffett antwortete darauf, dass er dem Kleinanleger raten würde, genau das gleiche zu tun, wie er selbst 40 Jahre zuvor, nämlich sich über jede börsennotierte Gesellschaft in den USA kundig zu machen. Auf die verdutzte Nachfrage von Smith, dass es doch 27.000 notierte Unternehmen gäbe, antwortete Buffett: „Nun, dann beginnen Sie bei A“.

Natürlich hat Buffett Recht (wie könnte man auch je etwas anderes behaupten)! Man kann die besten Möglichkeiten nur herausfiltern, wenn man mit der Grundgesamtheit vertraut ist. Zugleich werden natürlich die Möglichkeiten und Chancen erhöht, je größer die Grundgesamtheit ist. Alle Aktien zu kennen ist eine der wichtigsten Voraussetzungen, um wirklich erfolgreich an der Börse zu sein.

Dieses Vorhaben benötigt natürlich Zeit und ist nicht innerhalb von einigen Wochen zu bewerkstelligen. Tatsache ist auch, dass Sie sich wirklich mit der Materie beschäftigen müssen, wenn Sie selbst in Aktien investieren und dabei erfolgreich sein wollen. Sollten Sie die Zeit nicht aufbringen können oder wollen, dann sollten Sie lieber in Fonds investieren, bei denen das Fondsmanagement ihnen diese Aufgabe abnimmt.

Sie sehen also, dass man seinem Glück auf die Sprünge helfen kann. Wenn Sie die Marktsituation und die Unternehmen kennen, erhöhen Sie Ihre Chancen die richtige Entscheidung zu treffen. Hinter der erhöhten Chance auf Profit steckt jedoch eine riesige Portion Arbeit.

Füttern Sie Ihre Intuition

Manche Menschen scheinen spielend leicht Entscheidungen zu treffen und damit auch noch richtig zu liegen. Aktieninvestments werden aus der Hüfte heraus als gut befunden, das Investment gelingt. Sie treffen kurzerhand Entscheidungen und behalten mit ihrer Perspektive Recht. Sind solche Investoren einfach vom Glück verfolgt, oder gibt es einen anderen Grund für ihren Erfolg?

Sie ahnen es: Auch wenn es einfach aussieht, ist diese Fähigkeit die Frucht harter Arbeit. Das sehen wir in diesen Momenten nur nicht, was über die Wahrheit hinwegtäuschen mag. Die Wurzel dieser scheinbaren Leichtigkeit ist das Bauchgefühl.

Ein anderer Begriff für dieses Bauchgefühl ist Intuition. Die Intuition ist jedoch kein angeborenes Talent. Im Gegenteil, jeder kann Intuition entwickeln. Letztendlich ist Intuition lediglich ein kognitiver Prozess der Wiedererkennung bestimmter Muster, bei der das Unterbewusstsein Signale aussendet und uns dazu bewegt, bestimmte Handlungen zu tätigen oder Entscheidungen zu treffen. Diesen Vorgang vollzieht sich auf einer unterbewussten Ebene. Sie haben bestimmt schon einmal die Situation erlebt, dass Sie eine Quizsendung gesehen haben und keine der angebotenen Antworten als eindeutig richtig identifizieren konnten. Jedoch haben Sie stark zu einer Antwort tendiert, ohne exakt zu wissen, ob es sich um die richtige Antwort handelt. Höchstwahrscheinlich hatten Sie die Lösung schon irgendwann einmal gehört oder gelesen, konnten sich aber nicht aktiv daran erinnern, etwa weil die Information für Ihren Alltag unbedeutend war. Ihr Unterbewusstsein hat diese Information jedoch gespeichert und kann sie wieder abrufen, ohne dass es Sie es bewusst wahrnehmen.

Ihr Unterbewusstsein hält solche Informationen bewusst zurück, da die bewusste Erfahrung aller Gedanken und aufgegriffenen Eindrücke das menschliche Bewusstsein überfordern würde. Das Unterbewusstsein erfüllt also eine Art Schutzfunktion. Bestimmte Informationen können jedoch auch wieder freigegeben werden: Dann erinnern Sie sich plötzlich wieder an etwas, das Sie lange in Ihrem Oberstübchen gesucht haben.

Das Unterbewusstsein muss jedoch mit Informationen gefüttert werden, wenn es unsere Intuition schärfen soll. Hier sind wir wieder bei der Aussage von Warren Buffett: „Starten Sie bei A.“ Sie kommen nicht umher, sich mit Aktien und Unternehmen auseinanderzusetzen, Spezialfälle zu studieren und Ihr Wissen in den Bereichen Bewertung, Bilanzierung und Unternehmensanalyse immer weiter auszubauen. Lesen Sie Geschäftsberichte von vorne bis hinten und vertiefen Sie sich in diese. Versuchen Sie, das Gelesene in Gänze zu verstehen.

Haben Sie sich erst einmal einen großen Fundus an Know-how über Unternehmen angeeignet, so wird sich früher oder später die Situation ergeben, dass Sie beispielsweise nach der Lektüre eines Zeitungsartikels oder einer Unternehmensmeldung spontan entscheiden, Aktien der XY AG zu kaufen, ohne genau zu wissen, welche Faktoren Sie zum Kauf bewegt haben. Ihr Unterbewusstsein hat dann alle verfügbaren Informationen verknüpft und neue Zusammenhänge daraus geformt. Sie wissen dann, woher dieses Gefühl kommt und können die Signale richtig einordnen. Das wird Ihnen eine große Hilfe bei Ihrem Börsenerfolg sein. Mit Glück hat es aber sicher nichts zu tun.

Lerne aus Deinen Fehlern

Man kann im Leben nicht immer Recht behalten. Das ist auch an der Börse nicht anders. Immer wieder werden Sie eine Aktie kaufen, deren Kursentwicklung nicht so gut ist, wie Sie sich das vorgestellt haben. Das passiert den Besten und gehört zum Geschäft. Die entscheidende Frage ist allerdings, wie Sie damit umgehen. Wenngleich die Wahrscheinlichkeit von Rückschlägen durch eine fundierte Analyse von Aktien verringert werden kann, wird es nicht komplett vermeidbar sein, auch negative Ergebnisse einzufahren.

Es gibt jedoch einen gewaltigen Unterschied im Umgang mit solchen Rückschlägen. Viele Menschen werden ihre Entscheidung, auf die falsche Aktie gesetzt zu haben, als Pech werten und leichtfertig abtun. Das ist jedoch falsch. Genauso wie es kein Glück an der Börse gibt, gibt es auch kein Pech. Es gibt nur richtige und falsche Entscheidungen.

Um falsche Entscheidungen auf ein Minimum zu reduzieren, ist es entscheidend, einen konstruktiver Umgang mit diesen zu pflegen. Die meisten Anleger werden den Rückschlag hinnehmen, als Pech deklarieren und sich dann vielleicht sogar wieder aufrappeln und ungestört ihren bisherigen Kurs verfolgen. Der nächste Fehlschlag ist damit vorprogrammiert. Unreflektierte Anlageentscheidungen sind ein Garant für konstante Fehlschläge und werden früher oder später zum Ausstieg aus dem Börsengeschäft führen.

Wenn Sie Ihre Anzahl an richtigen Entscheidungen erhöhen wollen, so müssen Sie gleichzeitig Ihre Fehler reduzieren. Ganz einfach. Dafür müssen Sie analysieren, wo genau Ihre Fehler bei schlechten Entscheidungen auszumachen sind. Daher ist es wirklich wichtig, immer zu dokumentieren, warum Sie eine Aktie gekauft haben. Notieren Sie sich die Entscheidungsgründe und hinterfragen Sie diese, falls das Investment schief gelaufen ist. Warum fällt der Kurs eines guten Unternehmens, dessen Aktie günstig erscheint? Es muss einen Grund geben! Diese Gründe können vielfältig sein, aber es gibt sie.

Wie Sie sehen gibt es an der Börse nicht nur kein Glück, sondern auch kein Pech. Sie haben im Zweifel nur etwas übersehen. Einmal mehr zeigt dies, warum es so wichtig ist, sich intensiv mit dem Unternehmen und der Aktie auseinanderzusetzen. Sie haben es selbst in der Hand.

Fazit

Von außen betrachtet kann man leicht den Eindruck gewinnen, dass erfolgreiche Börsianer spielend leicht ihre Gewinne einfahren und ohne Aufwand agieren. Jedoch steckt dahinter sehr harte Arbeit. Schauen Sie sich einen Tennisprofi an. Oft sieht es aus, als bedürfe es keiner Anstrengung, um die Bälle zielgenau zu schlagen. Das ist aber nur so, weil die teils komplexen Bewegungsabläufe derart verinnerlicht sind, dass sie automatisch ablaufen. Das erweckt von außen den Eindruck eines recht entspannten Ablaufes. In Wahrheit würde man es selbst keineswegs nur annähernd imitieren können, sondern die Bälle unplatziert durch die Gegend schießen.

Genauso ist es an der Börse. Wer sein Metier kennt und die Dinge einzuschätzen vermag, hat sein Glück selbst in der Hand. Die Wahrscheinlichkeit von guten Investments wird erhöht und damit die langfristige Rendite verbessert. Kern des Problems ist jedoch, dass es vor allem viel Arbeit bedarf, um sich das Glück auf seine Seite zu holen. Sie kommen nicht darum herum, Unternehmen zu analysieren und ihr Wissen zu erhöhen.

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