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Das Value-Growth-Paradoxon

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Unter Anlegern und in der Finanzindustrie insgesamt wird gerne und oft die Unterscheidungen von Anlagestrategien in Aktien zwischen Value und Growth vorgenommen. Während Value-Strategien wertorientierte Ansätze beschreiben sollen, werden unter Growth-Strategien wachstumsorientierte Ansätze verstanden. Mit dieser sehr verkürzten Beschreibung von Strategien werden Fonds und Aktienstrategien insgesamt in Schubladen gesteckt, die nach unserer Auffassung irreführend sind und für Anleger sogar gefährlich sein können.

Daher werfen wir an dieser Stelle einmal einen Blick darauf, was es mit dieser Unterscheidung auf sich hat.

Was bedeuten Value und Growth?

Als Value-Strategien werden gemeinhin Ansätze beschrieben, die vor allem auf günstige Bewertungen von Aktien abzielen. Dabei werden klassischerweise Unternehmen mit einem hohen Subtanzwert oder mit einem besonders attraktiven Verhältnis von Börsenwert zu Gewinn (Kurs-Gewinn-Verhältnis) verstanden. Der Ansatz lautet hierbei, Unternehmen mit einem großen Wertfundament zu einem günstigen Preis zu erwerben.

Als Growth-Strategien hingegen werden Ansätze bezeichnet, die auf Unternehmen setzen mit einem möglichst hohen Wachstum. Dabei spielt es eine untergeordnete Rolle, ob die Unternehmen bereits Geld verdienen oder nicht. Auch die Bewertung der Unternehmen ist zweitrangig. Es geht insbesondere um möglichst hohes Umsatzwachstum, wofür auch gerne höhere Preise bezahlt werden.

Es wird also bei Growth-Ansätzen vor allem darauf gezielt, dass sich ein Unternehmen in einem zukunftsträchtigen Bereich schnellst- und bestmöglich etabliert. Oft bewegen sich Growth-Ansätze daher auch im Technologie-Bereich.

Um Renditen zu erzielen, setzen Value-Ansätze auf die Gewinne der Unternehmen. Unternehmen, die Geld verdienen, steigern auch über die Zeit ihren Wert. Wenn zudem zu einem günstigen Preis gekauft wird, ergibt sich daraus ein Potenzial, dass die zu günstige Bewertung früher oder später abgebaut wird, weil auch andere Investoren diese Diskrepanz erkennen.

Growth-Ansätze zielen hingegen viel stärker auf die zukünftige Erwartungshaltung ab. Es wird also nicht auf aktuelle oder fortlaufend steigende Gewinne gesetzt, sondern auf potenzielle Gewinne in der Zukunft.

Renditen werden dadurch erzielt, dass es dem Unternehmen in der Zukunft entweder tatsächlich gelingt positive Cashflows zu erzielen oder vielmehr das die Aktien steigen, weil auch andere Anleger das Wachstumspotenzial erkennen und daher die Aktien weiter nach oben treiben.

Probleme der Unterscheidung

Wenn wir von kurzfristigen Über- oder Untertreibungen der Börsenkurse absehen, reflektiert der Börsenwert eines Unternehmens die zukünftige Ertragskraft eines Unternehmens. Es werden die in der Zukunft erwarteten Gewinne auf den heutigen Tag abgezinst.

Daher wird ein Börsenkurs auch nur dann steigen, wenn davon ausgegangen werden kann, dass ein Unternehmen in der Zukunft die Gewinne steigern kann. Wenn zu erwarten ist, dass bei einem Unternehmen die Gewinne sinken, wird der Aktienkurs ebenfalls sinken.

Der Aktienkurs eines Unternehmens, dass zum Beispiel mit 100€ an der Börse bewertet ist und jedes Jahr konstant 5€ Gewinn erzielt, wird sich bei gleichbleibender Bewertung nicht verteuern. Der Aktienkurs wird bei 100€ verharren, weil Anleger die konstante Erwartungshaltung bereits im Preis reflektiert haben und es keinen Grund gibt einen höheren Preis, als 100€ für die Aktie zu bezahlen.

Im Prinzip ist eine solche Aktie wie eine Anleihe zu sehen, die jedes Jahr 5% Rendite einbringt (5€ Gewinn / 100 € Börsenwert = 5% Rendite).

Das heißt, ohne Wachstum der Gewinne gibt es keinen Wertzuwachs. Insofern sollte man beide Ansätze – Value und Growth – in ihrer scharfen Abgrenzung voneinander überdenken. Der Value-Ansatz in der klassischen Interpretation ist dann nicht zielführend, wenn das Thema Substanz und günstige Bewertung dominant im Vordergrund stehen. Denn, wenn Gewinne in der Zukunft nicht steigen werden, dann wird auch die Bewertung in der Zukunft günstig bleiben.

Das heißt wiederum, dass der Aktienkurs nicht steigen wird. Die günstige Bewertung allein hilft also oftmals nicht weiter, wenn kein Gewinnwachstum vorhanden ist.

Der Growth-Ansatz setzt hingegen zwar auf Wachstum, aber dabei primär auf das Umsatzwachstum.

Damit der Wert eines Unternehmens nachhaltig steigen kann, müssen aber die Gewinne steigen. Das Umsatzwachstum im Zentrum der Betrachtung ist also nicht ausreichend.

Den Blickwinkel verändern

Wir lassen bei den Alpha Star-Fonds eine andere Definition gelten. Wir sehen unseren Ansatz klar als Value-Strategie, jedoch keineswegs im klassischen Sinne, denn wir sehen Gewinnwachstum ebenso als zentrales Element an.

Value steht in unserem Verständnis vor allem für Qualität. Allen voran setzen wir auf Unternehmen, die sich unserer Einschätzung nach durch ein qualitativ hochwertiges Geschäftsmodell und durch ein gutes Management auszeichnen.

Aus unserem Blickwinkel hat die Unterscheidung von Value und Growth auch nichts mit dem absoluten Bewertungsniveau einer Aktie zu tun. Während häufig propagiert wird, dass Value-Aktien absolut betrachtet günstiger bewertet sind als Growth-Aktien, stimmen wir dieser Aussage nicht zu.

Vielmehr ist es so, dass eine höhere Bewertung einer Aktie dann angemessen ist, wenn die Qualität des Unternehmens sowie das Gewinnwachstum höher ist. Es gilt also eher auf eine relative Bewertung abzustellen, als auf absolute Bewertungen.

Pauschalaussagen, etwa dass ein Kurs-Gewinn-Verhältnis z.B. kleiner 10 als günstig einzustufen ist, halten wir für gefährlich.

Die Qualität eines Unternehmens/ Geschäftsmodells und des Managements lässt sich unter anderem mit der sog. Kapitalrendite (Return on Invested Capital = ROIC) messen. Je höher die Kapitalrendite eines Unternehmens, also je höher die Qualität, auf der einen Seite und je höher das Gewinnwachstum auf der anderen Seite, desto höher ist auch die gerechtfertigte Bewertung eines Unternehmens.

Das lässt sich sogar mathematisch bestimmen. So liegt die faire Bewertung eines Unternehmens mit einer hohen Qualität, z.B. mit einem ROIC von 20% und einem nachhaltigen Gewinnwachstum von 8% bei einem KursGewinn-Verhältnis von rund 30, während ein Unternehmen mit einem ROIC von nur 10% bei ebenfalls 8% Gewinnwachstum nur ein angemessenes KursGewinn-Verhältnis von rund 10 aufweist.

Entscheidend ist die Margin of Safety Natürlich kann man auch für Aktien mit einer hohen Qualität und einem hohen Wachstum zu viel bezahlen und für eine nachhaltige und gute Renditeentwicklung ist es wichtig das zu vermeiden.

Jedoch ist nicht das absolute Bewertungsniveau anhand einzelner Kennzahlen entscheidend. Vielmehr kommt es darauf an, Aktien mit einem hohen Sicherheitsabschlag zu kaufen, der sog. Margin of Safety.

Die Margin of Safety bezeichnet die Differenz zwischen dem aktuellen Preis einer Aktie, also dem Aktienkurs, und dem fairen Wert der Aktie. Dies ist jedoch unabhängig vom absoluten Bewertungsniveau derzeit. Die Margin of Safety kann bei einem Unternehmen mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 30 höher sein als bei einem Unternehmen mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 10. Entscheidend ist, wo der faire Wert anzusiedeln ist.

 

Value-Aktien verfügen in dieser Konsequenz nach unserer Auffassung einen hohen Abschlag zum fairen Wert. Growth-Aktien mögen auch einen Abschlag auf den fairen Wert haben, jedoch ist die Bestimmung dieses deutlich schwieriger, weil die Erreichung der Parameter für die Bestimmung des fairen Wertes deutlich weiter in der Zukunft liegen und nicht zuletzt daher unsicherer sind.

Value-Aktien zeichnen sich durch eine gute Prognostizierbarkeit aus und damit durch eine verlässlichere Bestimmung des fairen Wertes. Die Fehleranfälligkeit sinkt dadurch.

Fazit

Anleger, die sich durch die landläufige Unterscheidung von Value und Growth leiten lassen, laufen Gefahr zu wenig Rendite zu erzielen oder zu große Risiken einzugehen. Wer auf günstige Value-Aktien im klassischen Sinne setzt, könnte lange auf Wertsteigerungen warten, weil die Unternehmen ihre Gewinne nicht oder nicht ausreichend steigern. Wer auf Growth-Aktien setzt, läuft Gefahr eines zu hohen Risikos, weil die Margin of Safety nicht gut bestimmbar ist und daher möglicherweise zu teuer gekauft wird. Gute Aktien vereinen Value- und Growth-Komponenten und zeichnen sich durch eine hohe Qualität aus. Sie lassen sich zusätzlich mit einem Sicherheitsabschlag erwerben.

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