Derzeit erleben wir an den Börsen eine scharfe Korrektur, die sich bereits über mehrere Monate hinzieht. Viele Anleger beobachten diese Entwicklung verständlicherweise mit Sorge. Um die aktuellen Entwicklungen besser zu verstehen, halten wir es für wichtig, ein Verständnis davon zu haben, wo Renditen eigentlich herkommen. Daher betrachten wir an dieser Stelle, was die Quelle von Renditen ist und warum der aktuelle Crash an den Börsen zum einen nachvollziehbar ist und zum anderen klar zu erwarten ist, dass wir auch wieder in bessere Fahrwasser kommen werden.
Woraus entsteht Rendite?
Als Anleger können wir auf zwei Arten von der Entwicklung eines Unternehmens profitieren: zum einen über die Aktienkursentwicklung und zum anderen über die ausgeschütteten Dividenden (respektive Aktienrückkäufe). Die Aktienkursentwicklung bestimmt sich wiederum aus dem Gewinnwachstum eines Unternehmens sowie einem Bewertungsmultiplikator, der dem Unternehmen zugestanden wird (z. B. das 20-fache des aktuellen Gewinns). Insofern ergibt sich für die Gesamtrendite für einen Anleger (Total Shareholder Return/TSR) Folgendes:
Historisch betrachtet sind über die vergangenen 150 Jahre die mit Abstand wichtigsten Komponenten für den Renditebeitrag die Dividenden (49 %) und das Gewinnwachstum (45 %) gewesen. Die Ausweitung der Bewertung hat nahezu keine Rolle gespielt (siehe Grafik 1).
Das ergibt auch bei einer inhaltlichen Betrachtung Sinn. Kurzfristig sind die Märkte ein Spielball der Emotionen der Anleger, die auf alle möglichen exogenen Faktoren reagieren (Zinsänderungen, Konjunktur, Inflation, politische Ereignisse etc.). Diese gleichen sich über einen langen Zeitraum jedoch aus und haben per Saldo keinen Effekt auf die Renditen der Aktienmärkte. Eine viel wichtigere Rolle spielt es, ob Unternehmen Gewinne reinvestieren können, um dadurch weiteres Wachstum zu generieren (Entwicklung neuer Produkte, Erarbeitung neuer Kundengruppen, Expansion in neue Märkte etc.). Da Unternehmen meist nicht sämtliche Gewinne wiederverwenden können, um Wachstumschancen zu ergreifen, werden Teile der Gewinne an Aktionäre als Dividenden ausgeschüttet. Beide Komponenten zusammen ergeben die gesamte Rendite, die Aktionäre über einen langen Zeitraum erzielen können. Was langfristig zählt, ist also Cash in Form von Ausschüttungen oder die Erzeugung neuen Wachstums.
Was ist zuletzt passiert?
In den letzten 10 Jahren, also in einer kurzfristigeren Betrachtung von 2011 bis 2021, sah die Welt anders aus. Der Faktor Bewertungsausweitung hat mit 24 % Renditebeitrag eine weitaus größere Rolle gespielt als in der Langfristbetrachtung. Gleichzeitig spielte das Gewinnwachstum eine merklich größere Rolle (61 %). Dividenden leisteten hingegen den geringsten Beitrag (15 %). Der Hintergrund dieser Verschiebung der Renditebeiträge in den vergangenen 10 Jahren ist deutlich auf die Nullzinsen zurückzuführen.
Die dadurch entstandene Unattraktivität von anderen Anlegeformen wie Cash oder Anleihen hat dafür gesorgt, dass die Gewinnrenditen von Aktien von 10 % Anfang der 80er Jahre auf zuletzt 3 % zusammengeschrumpft sind. Im Umkehrschluss bedeutet das eine signifikante Bewertungsausweitung bei Aktien. Gleichzeitig hat die hohe Verfügbarkeit von günstigem Geld dafür gesorgt, dass die Wirtschaft angekurbelt wurde, was das Gewinnwachstum beschleunigt hat. Dabei sei auch erwähnt, dass nicht alles auf das günstige Geld zurückzuführen ist. Wir befinden uns auch in einer Phase des starken technologischen Fortschritts (z. B. Digitalisierung, Energiewende etc.), die zusätzliche Impulse geliefert hat.
Was bedeutet diese Verschiebung für die Aktienmärkte?
Die Entwicklungen an den Aktienmärkten der vergangenen Monate sind mit dieser Beobachtung gut erklärbar. Der hohe Renditebeitrag der Bewertungskomponente zuletzt wurde in den ersten Monaten des Jahres 2022 wieder auf den historischen Durchschnittswert zurückgedreht. Dafür mussten die Gewinnaussichten zunächst nicht einmal schlechter werden. In den letzten Monaten kam der Faktor des schwindenden Gewinnwachstums hinzu, wodurch sich die Korrektur der Aktienmärkte nochmals beschleunigt hat. Hintergrund war die sich zunehmend abzeichnende Abschwächung der Konjunktur, womit davon auszugehen ist, dass auch das Gewinnwachstum der Unternehmen dünner wird. Auslöser war dabei das Ende der globalen Nullzinspolitik und damit der Anomalien der vergangenen Jahre.
Die Folgefrage ist: Was können wir für die kommenden Jahre erwarten? Zunächst einmal sollten wir nicht davon ausgehen, dass Bewertungsausweitungen in den nächsten Jahren wieder vergleichbar hohe Renditebeiträge liefern wie in den vergangenen 10 Jahren. Vielmehr sollten Anleger auf die Gesetze der Märkte bauen und Renditebeiträge nicht dort suchen, wo sie durch Spekulation auf höhere Bewertungen entstanden sind. Die etablierten Faktoren Gewinnwachstum und Dividenden werden die Renditen für Aktionäre in den kommenden Jahren wieder bestimmen! Das ist weniger überraschend als vielmehr eine Rückkehr zu den normalen Mechanismen des Marktes.
Was macht Alpha Star?
Die in diesem Artikel beschriebenen Effekte betonen die Bedeutung von Gewinnwachstum sowie die Unvorhersehbarkeit von Bewertungsschwankungen. Vor allem der Faktor Gewinnwachstum lässt sich nicht genug hervorheben, denn er zeigt den wahren Zustand von Unternehmen auf. Gewinnwachstum ist es zudem, was wir durch intensive Arbeit mit den Unternehmen im Blick haben können. Hingegen haben wir keine Kontrolle über die Bewertungsveränderungen, die vom Markt nach oben oder unten getrieben werden.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang zu erwähnen, dass es für viele Unternehmen in den kommenden Jahren deutlich schwerer werden wird, Gewinnwachstum zu erzielen. Die Nullzinsen haben die Konjunktur künstlich angeheizt und viele Unternehmen begünstigt, die sich unter normalen Umständen schlechter entwickelt hätten. Dieser Rückenwind wird abnehmen. Daher haben vor allem Unternehmen, die in strukturellen Wachstumsmärkten aktiv sind, die besten Chancen, ihre Gewinne weiterhin in adäquaten Größenordnungen zu steigern. Um die raren Chancen der Reinvestitionsmöglichkeiten zu nutzen, wird es eine entscheidende Rolle spielen, wie stark Wettbewerbsvorteile von Unternehmen sind und wie groß deren Innovationskraft ist. Das ist deshalb wichtig, weil neben dem Umsatzwachstum auch das Aufrechterhalten oder sogar Ausbauen des Rentabilitätsniveaus entscheidend für das Gewinnwachstum ist.
Von Vorteil für die Alpha Star-Strategie ist, dass wir seit jeher auf den Faktor Gewinnwachstum als maßgeblichen Treiber für die langfristige Renditeentwicklung setzen. Wenngleich die Bewertungskomponente zuletzt einen Dämpfer erfahren hat, hat sich der innere Wert der Alpha StarUnternehmen nicht wesentlich verändert, weil die langfristigen Wachstumschancen unserer innovativen, marktführenden Unternehmen unverändert gut sind. Wenngleich wir nicht mit Klarheit vorhersehen können, wann der Boden der Bewertungsanpassung erreicht sein wird, können wir mit Überzeugung sagen, dass unsere Depots bereit dafür sind, wenn die Faktoren Gewinnwachstum und Dividenden als maßgeblicher Treiber für den Renditebeitrag wieder das Geschehen bestimmen.