In der Kolumne des vergangenen Monats haben wir einen Blick auf den Glücksfaktor an der Börse geworfen. Dabei haben wir festgestellt, dass an der Börse eine gute Portion Glück im Spiel ist, da wir nicht beeinflussen können, in welche Richtung sich die Kurse als nächstes bewegen werden. Um den Analysevorteil zur Geltung kommen zu lassen, bedarf es daher wichtiger Voraussetzungen. Drei wesentliche Bestandteile, um langfristig eine Überrendite erzielen zu können, sind dabei: Strategie, Geduld und Interessengleichrichtung.
Strategie
Um Überrenditen erzielen zu können, bedarf es natürlich einer guten Strategie. Denn, nur wenn die Entscheidungen für die „richtigen“ Aktien getroffen werden, wird eine überdurchschnittliche Wertsteigerung die Folge sein. Ansonsten ist bestenfalls die Marktrendite möglich.
Es gilt also, eine Strategie zu entwickeln, nach welcher sich bestimmen lässt, warum der Preis und der Wert einer Aktie auseinandergefallen sind und warum sich diese Diskrepanz wieder schließen wird. Denn, wenn der Preis einer Aktie unterhalb ihres Wertes notiert, ist diese günstig bewertet und bietet das Potenzial, dass sich beides wieder angleicht.
Diese entwickelte Strategie muss konsequent verfolgt werden. Dabei können verschiedene Werkzeuge behilflich sein, um die Konsequenz zu unterstützen und sicherzustellen. Im Bereich des Investierens ist dabei zum Beispiel an eine schriftliche Fixierung der Investitionskriterien zu denken. Sollte davon abgewichen werden, kann man sich selbst erinnern. Noch effektiver ist, wenn diese Kontrolle von Dritten durchgeführt wird. Auch Checklisten sind eine gute Methode, um in der Analyse sicherzustellen, dass keine relevanten Punkte vergessen werden. Checklisten helfen dabei, die Fehlerquote zu reduzieren, ohne überhaupt neue Fähigkeiten erlernen zu müssen.
Nicht unbedeutend ist auch die Risikokontrolle. Eine ausgewogene Betrachtung der Chancen und Risiken ist ein Kernpunkt. Wenn man nur die Chancen eines Investments sieht, läuft man schnell in eine Falle hinein. Sieht man hingegen nur die Risiken und misst den Potenzialen zu wenig Bedeutung bei, verpasst man möglicherweise gute Gelegenheiten. Da es beim Investieren selten eine reine Schwarz-Weiß-Betrachtung gibt, empfiehlt sich die Abwägung der Chancen und Risiken gegeneinander, zum Beispiel mittels der Bestimmung von Wahrscheinlichkeiten bestimmter Szenarien.
Geduld
Die Lücke zwischen Wert und Preis ist eines der zentralen Elemente erfolgreichen Investierens. Dies erfordert manchmal Geduld, manchmal Nerven. Auf jeden Fall erfordert es – wenn man einmal eine gute Strategie entwickelt hat – jede Menge Disziplin. Nur wenn Preis und Wert tatsächlich in einer Größenordnung auseinanderfallen, die das Risiko entsprechend rechtfertigt, sollte auch gehandelt werden.
Anleger haben entgegen dieser Handlungsempfehlung oftmals eine starke Tendenz dazu, in Aktien zu investieren, die in den vergangenen Wochen oder Monaten sehr gut gelaufen sind. Der reine Kursverlauf sagt jedoch nichts darüber aus, wie gut sich das Unternehmen tatsächlich entwickelt hat. Vielmehr kann sich der Kurs ohne jede fundamentale Untermauerung nach oben bewegen – möglicherweise über Monate oder Jahre hinweg.
Wenn Glück eine nicht unwesentliche Rolle spielt, wie das an der Börse kurzfristig der Fall ist, ist die statistische Beständigkeit eines Trends üblicherweise sehr niedrig, was bedeutet, dass die Rückkehr zum Mittelwert einen sehr starken Effekt hat. Viele Anleger sehen diesen Zusammenhang oft nicht klar genug, was zur Folge hat, dass ein schlechtes Timing beim Investieren an den Tag gelegt wird, mit dem Resultat unterdurchschnittlicher Investmentergebnisse.
Wenn Glück eine wesentliche Rolle an der Börse spielt, können gute Entscheidungen dazu führen, dass schlechte Resultate die Folge sind und umgekehrt. Umso wichtiger ist es, den Unterschied zwischen Wert und Preis genau herauszuarbeiten, sich auf diesen zu fokussieren und nicht auf die Kursentwicklung.
Liegt der Kurs einer Aktie beispielsweise bei 10 und der faire Wert bei 20, kann es dennoch sein, dass der Kurs von 10 auf 5 heruntergeht. Sollte der Kurs einer Aktie, deren fairer Wert bei 30 liegt, bei 40 notieren, kann diese überbewertete Aktie dennoch auf 50 steigen. Aber, dieser Zustand der Überbewertung wird nicht ewig andauern, sondern die Rückkehr zum Mittelwert wird stattfinden und den Kurs im letzten Beispiel unter Druck bringen, bis er wieder auf dem Niveau des fairen Wertes notiert. Umgekehrt wird eine unterbewertete Aktie nicht ewig unterbewertet bleiben, sondern es ist statistische Wahrscheinlichkeit, dass Kurs und Wert sich angleichen, mit dem Effekt, dass eine unterbewertete Aktie steigt. Zeitlich lassen sich diese Kräfte nicht steuern, es hilft nur Geduld.
Interessengleichrichtung
Kosten sind bei Investments ein entscheidender Renditefaktor, denn Kosten senken die Nettorendite. Das ist ein Thema, dass viele Anleger richtigerweise auf dem Radar haben und sehr wichtig nehmen. Bei der Kostenbetrachtung wird jedoch häufig ein ganz entscheidender Aspekt außer Acht gelassen, nämlich die so genannten Agency Costs. Agency Costs sind diejenigen Kosten, die entstehen, wenn ein Auftragnehmer nicht im vollen Interesse des Auftraggebers handelt. Im Bereich der Geldanlage wäre das der Fondsmanager oder Vermögensverwalter, der nicht im allerbesten Sinne des Anlegers handelt. Entgangene Gewinne oder entstandene Verluste sind indirekte Kosten, die viel schwerwiegender sein können als die direkten, laufenden Kosten.
Dieser Aspekt ist wichtiger als viele annehmen, denn, wenn z.B. ein Fondsmanager in seinem Handeln beeinträchtigt ist, werden möglicherweise Entscheidungen getroffen, die entweder das Risiko unsachgemäß erhöhen oder Rendite auf der Strecke bleibt. Das könnte zum Beispiel dann der Fall sein, wenn ein angestellter Fondsmanager zu defensive Entscheidungen trifft, um nicht zu viel Risiko einzugehen, weil das Kritik von seinem Vorgesetzten für Folge hätte oder sogar seinen Job kosten könnte. Getreu nach dem Motto, lieber weniger Rendite, als zu viel Risiko, was meinen Kopf kosten könnte. Andersherum könnte ein Fondsmanager ein zu hohes Risiko eingehen, weil sein Gehalt maßgeblich von der Erfolgsprovision geprägt ist. Das unsachgemäße Risiko kann ihm aber egal sein, weil es ja nicht sein investiertes Geld ist, dass im Feuer steht.
Diese Eventualitäten von teuren Agency Costs können ausgeschlossen werden, mit nur einem Checkpunkt: Das eigene Investment des Fondsmanagements. Ist das Fondsmanagement selbst in den eigenen Produkten investiert, bringt das eine vollkommende Gleichrichtung der Interessen mit sich. Dies wiederum senkt die Agency Costs auf null, da das Fondsmanagement genauso profitiert und verliert wie alle anderen Anleger auch.
Fazit
Investieren ist mehr als das Kaufen und Verkaufen von Aktien. Wenn langfristig eine Überrendite erzielt werden soll, dann kommen wesentliche Faktoren hinzu, die teils mindestens genauso anspruchsvoll sind wie die Analyse von Aktien selbst. Denn, neben den kognitiven Anstrengungen sind zusätzlich emotionale Hürden zu meistern, die von Erfolg abhalten können. Mit dem Fokus auf eine klare Strategie, mit Disziplin in der Umsetzung und einer Gleichrichtung von Interessen zwischen Verantwortlichen und Anlegern, werden wesentliche Grundlagen geschaffen, um das Ziel einer langfristigen Überrendite zu erreichen.