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Wie Wertschöpfung bei Unternehmen entsteht

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Die letzten Monate waren für uns als Anleger des Alpha Star Aktienfonds alles andere als erfreulich. Nach dem deutlichen Rückgang der Kurse im Jahr 2022 hat sich eine Erholung bislang nur sehr zaghaft gezeigt. Viel wurde bereits über die Gründe geschrieben und gesprochen. Schlussendlich lässt sich die Entwicklung auf zwei wesentliche Punkte herunterbrechen: Zum einen waren Aktien nach der jahrelangen Nullzinspolitik der Notenbanken und der starken Rallye der Jahre 2019 – 2021 vergleichsweise hoch bewertet. Zum anderen folgte mit der Trendwende in der Zinspolitik im Jahr 2022 eine Kontraktion der Bewertungsmultiplikatoren.

Es gibt nicht viel, was man gegen diesen Marktmechanismus tun kann. Genauso wie Aktien zuvor von Zinssenkungen profitiert haben, gerieten sie im Jahr 2022 durch die starken Zinssteigerungen unter Druck. Auf das, was wir als Investoren nicht kontrollieren können, sollten wir nicht allzu viel Zeit verwenden. Doch wir können ein Portfolio mit Unternehmen zusammenzustellen, die ein hohes Maß an Wertschöpfung generieren. Das sind Unternehmen, die nachhaltig ihre Gewinne steigern werden – ungeachtet vorübergehender Schwankungen am Markt. Dies wird sich kurz- oder langfristig in den Aktienkursen widerspiegeln. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig zu verstehen, wie Wertschöpfung entsteht, um auf die richtigen Unternehmen zu setzen.

Der 1-Dollar-Test

Investorenlegende Waren Buffett hat in seinem jährlichen Brief an Aktionäre 1984 folgenden Abschnitt formuliert:

„Unternehmensgewinne sollten nur dann einbehalten werden, wenn eine vernünftige Aussicht besteht – vorzugsweise gestützt durch historische Beweise oder gegebenenfalls durch eine durchdachte Analyse der Zukunft –, dass für jeden Dollar, den das Unternehmen einbehält, mindestens ein Dollar Marktwert für die Aktionäre geschaffen wird. Dies geschieht nur, wenn das einbehaltene Kapital zu inkrementellen Erträgen führt, die auf oder über dem Niveau liegen, das Anleger anderswo erhalten könnten.“

Berkshire Hathaway – Brief an die Aktionäre – 1984 (frei übersetzt aus dem Englischen)

Mit dieser als „1-Dollar-Test“ bekannten Aussage spricht Buffett zwei relevante Aspekte an:

1. Wertschöpfung entsteht nicht nur durch Gewinne, die aus historisch getätigten Investitionen herrühren, sondern vor allem auch durch Gewinne, die aus zukünftigen Investitionen erwachsen.

2. Unternehmen sollten nur dann verdientes Geld einbehalten, wenn sie es so reinvestieren, dass es eine höhere Rendite generieren wird als der Anleger mit dem gleichen Geld anderswo erzielen könnte. Dazu müssen sie Gewinne zu einer Verzinsung neu investieren, die die Kapitalkosten übersteigt. Andernfalls sollten Gewinne besser als Dividenden ausgeschüttet werden.

Warren Buffett schreibt zwar von der Schaffung von Marktwert (Aktienkurs), meint aber den intrinsischen Wert. Denn langfristig ist davon auszugehen, dass der Wert einer Aktie richtig an der Börse reflektiert wird. Kurzfristig erweist sich der Zusammenhang zwischen Wertschöpfung und Aktienkurs keineswegs als verlässlich, mittel- und langfristig schon.

Renditen der Reinvestition

Angenommen, ein Unternehmen hat in der Vergangenheit 100 Mio. € in Maschinen und andere Produktionsanlagen investiert und erzielt damit einen Gewinn von 10 Mio. €. Die Rendite auf das investierte Kapital beträgt damit 10 % (Return on Invested Capital / ROIC). Wenn der Gewinn zu gleicher Verzinsung reinvestiert werden kann (z. B. in eine weitere Maschine) wird er im Folgejahr auf 11 Mio. € anwachsen, also um ebenfalls 10 % (10 Mio. € reinvestierter Gewinn * 10 % Rendite auf die Reinvestition = +1 Mio. €). Die Rendite auf die Reinvestition von Gewinnen stellte die Rendite auf neu investiertes Kapital (Return on Incremental Invested Capital / ROIIC) dar.

Anhand dieses Beispiels wird deutlich, dass Reinvestitionen zu mindestens der gleichen Rendite investiert werden sollten wie das bisherig investierte Kapital. Andernfalls wird die gesamte Kapitalverzinsung über die Zeit verwässern und die Wertschöpfung des Unternehmens sinkt früher oder später.

Ein weiteres Beispiel folgt: Bei demselben Unternehmen wie oben erfolgt nun die Reinvestition des Gewinns von 10 Mio. € nicht in ein Projekt, dass eine Verzinsung von 10 % bringt, sondern nur 5 %. Der Gewinn steigt somit nicht wie im ersten Beispiel von 10 Mio. € auf 11 Mio. €, sondern nur auf 10,5 Mio. € (10 Mio. € reinvestierter Gewinn * 5 % ROIIC = +0,5 Mio. €). Entsprechend würde auch der Aktienkurs nicht wie im ersten Beispiel um 10 % steigen, sondern nur um 5 %. Dies ist ein gewaltiger Unterschied, vor allem wenn die unterschiedliche Entwicklung jahrelang andauert.

Folglich sollten wir im Idealfall in ein Unternehmen investieren, dass inkrementelle Investitionen in Projekte über den historischen Renditeniveaus tätigen kann. Sollte unser Beispielunternehmen den 10 Mio. € erzielten Gewinn zu 20 % Verzinsung reinvestieren, etwa in die Entwicklung eines neues Blockbuster-Produkts, wächst der Gewinn sogar auf 12 Mio. € an. Der Aktienkurs würde entsprechend doppelt so stark steigen wie im Ausgangsbeispiel.

Evaluierung von Reinvestitionen

Um die Wertschöpfungskraft eines Unternehmens und damit das Renditepotenzial einer Aktie einschätzen zu können, ist es also entscheidend, wie rentabel einmal erwirtschaftete Gewinne reinvestiert werden können. In der Evaluierung der Verzinsung von Reinvestitionen liegt damit der Kern der Analysearbeit der Unternehmensbewertung.

Diese Aufgabe ist nicht trivial, da diese Zahl nicht ohne weiteres aus Geschäftsberichten oder sonstigen Unterlagen abzulesen ist. Auch die Art und Weise der Reinvestitionen unterscheidet sich von Unternehmen zu Unternehmen stark. Während ein Unternehmen in Forschung & Entwicklung investiert, um neue Produkte herauszubringen, bevorzugt ein anderes den Kauf eines Wettbewerbers. Eine weitere Firma investiert in Kapazitätserweiterungen für die Expansion mit bestehenden Produkten oder kauft eigene Aktien zurück, weil es davon überzeugt ist, dass diese zu günstig bewertet sind.

Es müssen viele Daten gesammelt und ausgewertet werden, um die richtigen Schlüsse ziehen zu können und zu einer belastbaren Einschätzung zu gelangen. Managementgespräche sind in diesem Zusammenhang ein wichtiges Element. Schließlich ist es die Aufgabe des Managements, über die Verwendung der Gewinne des Unternehmens zu entscheiden. Dennoch müssen Analysten oder Investoren selbst einschätzen, ob die geplanten Investitionen sinnvoll und ausreichend profitabel sind.

In diesem Zusammenhang spielen auch Wettbewerbsvorteile und Alleinstellungsmerkmale eine wichtige Rolle. Denn üblicherweise locken attraktive Gewinne Wettbewerber an. Diese investieren dann ebenfalls in den jeweiligen Bereich und drücken dadurch die erzielbaren Renditen nach unten. Jede weitere Reinvestition rentiert sich also weniger. Besteht jedoch ein Alleinstellungsmerkmal oder ein Wettbewerbsvorteil, verhindert dies den Eintritt von Wettbewerbern. Damit bleiben auch die Renditen der Reinvestitionen nachhaltig auf einem hohen Niveau. Der sorgfältigen Analyse von Wettbewerbsvorteilen kommt damit eine wichtige Bedeutung zu.

Fazit

Aktienmärkte steigen und fallen aus den unterschiedlichsten Gründen, kurzfristig etwa durch Zinsen, politische Ereignisse oder Konjunktursorgen. Mittel- und langfristig folgen Aktienkurse der Gewinnentwicklung der Unternehmen. Diese wiederum ist abhängig von der rentablen Verwendung der erwirtschafteten Gewinne. So wird das Gewinnwachstum aufrechterhalten und damit der intrinsische Wert eines Unternehmens gesteigert. Das wiederum manifestiert sich über die Zeit in entsprechenden Steigerungen der Aktienkurse.

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