Um die Jahrtausendwende wurden die digitalen Kanäle von Schibsted zum eigentlichen Kerngeschäft. Schibsted wagte den nächsten Schritt in seiner Wachstumsstrategie: Das Konzept wurde internationalisiert, und die sogenannten „Online Classifieds“ (digitale Plattformen für Kauf- und Verkaufsanzeigen) konnten auch außerhalb der nordischen Länder, etwa in Kontinentaleuropa, Fuß fassen. Zu dieser Expansionsstrategie gehörten bekannte Plattformen wie eBay Kleinanzeigen, mobile.de sowie Pendants in Österreich, den Niederlanden und Frankreich, etwa Leboncoin, eine Plattform, die heute noch zu den meistgenutzten Kleinanzeigenplattformen Europas zählt. Diese internationalen Aktivitäten außerhalb der nordischen Länder gliederte Schibsted im Jahr 2019 aus und brachte sie unter dem Namen „Adevinta“ an die Börse in Oslo. Parallel dazu baute Schibsted ein beachtliches Venture-Capital-Portfolio auf, das sich auf innovative Unternehmen und Start-ups in den Bereichen Technologie, digitale Dienstleistungen und nachhaltige Lösungen konzentriert.
Die Unternehmensgeschichte von Schibsted ist einerseits geprägt von einer breit angelegten Expansionsstrategie, andererseits von einer kontinuierlichen Neuausrichtung und anschließenden Fokussierung auf das Kerngeschäft. So verkaufte das Unternehmen das Zeitungsgeschäft, nachdem das Kerngeschäft auf die Online Classifieds verlagert worden war. Auch baute es seine Beteiligung an Adevinta schrittweise ab und konzentrierte sich verstärkt auf den nordischen Markt – wie im jüngsten Schritt, der geplanten Veräußerung des Venture-Capital-Portfolios.
All diese Schritte sind Bestandteile eines zweiphasigen Zyklus in der Wachstumsstrategie von Schibsted. Die erste Phase besteht aus einer Wachstumsphase, in der das Unternehmen von bestehendem Wissen oder Ressourcen profitieren kann. So ermöglichte die Verlagstätigkeit die vergleichsweise einfache Expansion in das Zeitungsgeschäft. Das gewonnene Know-how im Zeitungsdruck half wiederum, eine der ersten digitalen Präsenzangebote aufzubauen, die schließlich das Fundament für das nachfolgende Online-Classifieds-Geschäft bildete. Netzwerkeffekte trugen weiter dazu bei, dass sich Schibsted mit diesem Geschäftsmodell fest etablieren und expandieren konnte.
Der zweite Teil des Zyklus besteht darin, sich nach erfolgreichem Wachstum auf das Kerngeschäft zu fokussieren. Auf den Erfolg der Zeitung folgte die Aufgabe des ursprünglichen Verlagsgeschäfts. Nachdem die digitale Präsenz erfolgreich etabliert war, wurde die klassische Zeitungsveröffentlichung zurückgefahren. Mit der Fokussierung auf die Online Classifieds wurde die Sparte News Media abgespalten, und nach der Expansion auf internationale Märkte folgte die Fokussierung auf den nordischen Markt, wo Netzwerkeffekte aufgrund der Nähe dem Unternehmen eine nahezu monopolartige Stellung sichern. Die Ankündigung, das Venture-Capital-Portfolio veräußern zu wollen, stellt den jüngsten Schritt in diesem Zyklus dar.
Schibsteds strategische Entscheidungen haben nicht nur zu einer hervorragenden Balance aus Wachstum und Fokussierung auf das Kerngeschäft geführt, sondern auch das Vertrauen der Anleger in die Zukunft des Unternehmens gestärkt. Auch wenn die Aktie derzeit hoch bewertet ist, rechtfertigen stabile Dividenden und Margenzuwächse diesen Wert. Die Abspaltung des Venture-Capital-Portfolios dürfte die Rentabilität weiter verbessern und den Fokus des Managements auf das margenstarke Classifieds-Geschäft verstärken. Insgesamt wird durch die fokussierte Ressourcenallokation ein nachhaltiges, zweistelliges Gewinnwachstum erwartet, das die Unternehmenssubstanz weiter stärkt.