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Diversity Breakdown & Herdentrieb

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In unserer Welt gibt es eine Vielzahl an Beispielen, die zeigen, dass viele Dinge eine Tendenz dazu haben in eine Form des Gleichgewichts zurückzukehren. Auch an der Börse gibt es diese Kraft. Ein Verständnis des Strebens nach Gleichgewicht kann eine wertvolle Hilfe beim Investieren in Aktien sein und ist weitaus weniger philosophisch als die ersten Zeilen vermuten lassen könnten.

Wenn ich einen Stein in die Höhe werfe, sorgt meine aufgewendete Kraft dafür, dass das Gleichgewicht zwischen Gewicht des Steins und Gravitation aus der Balance gebracht wird. Die physikalischen Kräfte sorgen jedoch dafür, dass der Stein nur eine gewisse Höhe erreicht, bevor er wieder herunterkommt. Die wirkenden Kräfte gleichen sich aus, bis die Erdanziehung wieder das ursprüngliche Niveau hergestellt hat.

Eine ähnliche Wirkweise entfalten Kräfte in der Wirtschaft, etwa bei der Preisfindung durch Angebot und Nachfrage. Durch die gegenläufigen Kräfte entwickelt sich ein Gleichgewichtspreis, der einen optimalen Nutzen für alle Beteiligten bringt. Auch Unternehmen mit hohen Profiten erfahren meist über Zeit, dass diese nicht für immer gehalten werden können. Zum Teil gelingt es einigen Unternehmen über eine sehr lange Zeit eine überdurchschnittlich hohe Gewinnspanne zu erzielen – vielleicht sogar über Jahrzehnte hinweg – aber auf ewig wird der Zustand nicht halten. Früher oder später drücken die Kräfte des Marktes die Rentabilität des Unternehmens wieder in Richtung des Gleichgewichts; sei es, weil Wettbewerber in den Markt eintreten oder die Produkte des Unternehmens zum Beispiel durch technologischen Fortschritt obsolet werden.

Gleichgewicht an der Börse

In einer idealen Welt würde der Aktienkurs immer den „fairen Wert“ eines Unternehmens widerspiegeln. Das heißt, der Aktienkurs würde sich immer proportional zu den Gewinnen des Unternehmens bewegen. Eine Abweichung nach oben oder unten könnten wir dann leicht erkennen und würden wissen, wann eine Aktie zu hoch notiert und wann nicht.

In der Realität geht es, wie wir alle wissen, anders vonstatten. Aktienkurse schwanken, weil die Kräfte von Angebot und Nachfrage unaufhörlich an ihnen ziehen und zerren. Wir wissen, dass die Börse ein sehr komplexes System ist, mit sehr vielen Teilnehmern und noch mehr Meinungen. Es gibt keinen Katalog, in dem man den fairen Wert einer Aktie ablesen könnte. Daher muss sich jeder eine eigene Meinung bilden. Die hohe Spanne vieler Meinungen sorgt für eine permanente Bewegung der Kurse.

Hinzu kommt, dass jeden Tag und jede Sekunde so viele Informationen hinzukommen, dass sich das Gleichgewicht ständig verschiebt und verändert. Entsprechend finden dauerhaft Anpassungen statt.

Der Gleichgewichtszustand an der Börse ist also keine fixe Größe, sondern unterliegt permanenter Veränderung. Ein Unternehmen, das heute ein neues Blockbuster-Produkt auf den Markt bringt, wird von den Anlegern höher bewertet als vorher, sodass sich das Gleichgewicht nach oben verschiebt. Eine Rückkehr des Kurses auf den Mittelwert der historischen Kursbewegung ist in diesem Fall kurzfristig nicht zu erwarten. Durch das höhere, langfristige Potenzial des Unternehmens im Zuge des Erfolgs hat sich der faire Wert nach oben verschoben.

Die Weisheit der Masse

Wenn man Münzen wirft, hat man immer eine Chance von 50% Kopf oder Zahl zu treffen. Selbst wenn ich fünfmal hintereinander Kopf getroffen habe, erhöht sich nicht die Chance dafür, beim sechsten Mal Zahl zu treffen. Aber, wenn ich die Münze 10.000 Mal werfe, werde ich am Ende ungefähr gleich oft Kopf und Zahl getroffen haben. Der Erwartungswert pro Seite liegt bei 50% und auf diese Größenordnung wird sich das Ergebnis mit zunehmender Spieldauer einpendeln.

An der Börse ist das nicht wesentlich anders. Es kann sein, dass sich die Kurse kurzfristig über oder unter ihrem Gleichgewichtsniveau bewegen, auf lange Sicht werden sie aber in der Nähe ihres Gleichgewichtspreises notieren. Von dieser Erkenntnis lässt sich profitieren.

Ein wesentliches Element des Marktgleichgewichts an den Börsen ist das Wirken von Vielen, die alle unterschiedlichen Ansichten und Meinungen haben. Die Vielfalt der Köpfe mit ihren verschiedenen Denkmustern sorgt für den Effekt, den wir als die „Weisheit der Masse“ kennen.

Bei einer großen Zahl an Meinungen wird es einige geben, die recht nahe an der „Wahrheit“ liegen, also die Informationen zu den Unternehmen effektiv verarbeiten. Es gibt aber auch diejenigen, die eine Aktie zum Beispiel nur aus einem Bauchgefühl heraus oder aufgrund eines Tipps kaufen und den fairen Wert daher „falsch“ einschätzen. „Falsch” heißt in diesem Zusammenhang abweichend von der Masse oder weit entfernt vom Mittelwert aller Meinungen. Denn, wie bereits erwähnt, gibt es keinen echten fairen Wert einer Aktie, sondern nur den Wert, den Menschen ihr eimessen. In der Summe aller unabhängigen Meinungen kann sich jedoch ein guter Gleichgewichtspreis bilden.

Diversity Breakdown

Nun kann es aber vorkommen, dass die Meinungsvielfalt zusammenbricht. Man spricht dabei von Diversity Breakdown (Zusammenbruch der Vielfalt). Dies kommt dann vor, wenn Anleger ihre Entscheidungen nicht auf Basis ihrer eigenen Meinung treffen, sondern diese auf Handlungen oder Meinungen anderer basieren. Man spricht hier teilweise auch vom Herdentrieb.

Denkbare Szenarien sind hier vielfältig. Einflussreiche Personen oder Gruppen können z.B. einen starken Einfluss ausüben, mit dem Effekt, dass dieser Meinung viele folgen, ohne das die Meinung ihre eigene wäre. Wenn z.B. einer der sogenannten Aktiengurus das Ende des Bullenmarktes ausruft, findet das möglicherweise bei vielen Anlegern Gehör und führt dazu, dass Aktienbestände reduziert werden. Dafür muss es dann keine eigene Meinung geben, es wird lediglich gefolgt. Auch Aktionen und Aussagen von Politikern können solche Auswirkungen haben. Wenn diese z.B. Angst hervorrufen, dann werden Handlungen induziert, die eigentlich nicht der eigenen Meinung entsprechen. Wenn dies viele Menschen tun, bricht die bestehende Meinungsvielfalt zusammen.

Mit dem Diversity Breakdown lassen sich Trends, aber auch Booms oder Crashs an den Börsen erklären. Der Effekt hat sich sicher in den vergangenen Jahren durch das Internet noch verstärkt. Es ist zwar leichter geworden Informationen zu bekommen, aber auch leichter, Meinungen anderer zu verfolgen. Da wir Menschen bequem sind, neigen wir dazu, uns schnell Meinungen anderer anzuschließen, ohne ins Detail zu hinterfragen, was die Hintergründe sind.

Auch automatisierte Handelssysteme könnten das Auftreten von Diversity Breakdowns begünstigen. Automatische Handelssysteme vertreten keine selbständigen Meinungen, sondern reagieren nur, etwa auf bestimmte Ereignisse oder Nachrichten. Das Handeln ohne Meinung begünstigt einen Diversity Breakdown und ist vielleicht ein Grund für eine steigende Volatilität an den Börsen.

Fazit

Wie vieles in dieser Welt streben auch Börsenkurse nach Gleichgewicht. Da Kurse aber von Menschen gemacht werden, kann dieses Gleichgewicht vorübergehend gestört sein und Aktienkurse können sich nach oben oder unten vom Gleichgewichtspreis entfernen. Das ist in einem komplexen System wie der Börse vollkommen normal. Genauso werden Börsenkurse jedoch früher oder später wieder zurück ins Gleichgewicht gebracht werden.

Wenn man diese Wirkweise als Anleger versteht, kann man Über- und Untertreibungen erkennen und für sich nutzbar machen. Insbesondere in Phasen großer Euphorie oder Angst können sich einzelne Aktien oder ganze Märkte stark vom Gleichgewichtspreis entfernen. Diese offenbaren uns Möglichkeiten. Daraus resultiert der Ansatz des antizyklischen Handelns, also genau dann zu kaufen, wenn die Börsen nach unten übertreiben und dann zu verkaufen, wenn selbiges nach oben hin passiert.

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