Die Zinsen sind bei nahe Null und Spareinlagen bringen kaum mehr einen Zins, die Immobilienpreise steigen scheinbar unaufhörlich, die Aktienmärkte befinden sich auf Rekordniveaus und Anleihen werfen extrem niedrige Renditen ab. Dies sind in aller Kürze die aktuellen Rahmenbedingungen, die sich Investoren bieten. Inzwischen ist es so, dass die Immobilienpreise überhöht und auch Aktien nach der langen Phase der steigenden Notierungen nicht mehr günstig erscheinen.
Im Zuge der niedrigen Zinsen keimt schon lange die Frage in vielen Köpfen der Kapitalmarktteilnehmer, wann es denn nun soweit kommen wird, dass die Preise steigen und sich die Inflation breit macht. Auf der anderen Seite erleben wir in Europa eigentlich gerade die gegengesetzte Entwicklung, mit nur noch sehr leichten Preissteigerungen. Es droht also gleichzeitig die Gefahr einer deflationären Entwicklung und erscheint derzeit sogar präsenter. Insofern stellt sich natürlich unweigerlich die Frage, wo man derzeit am besten seine hart verdienten Euros investieren sollte.
Hintergrund zur aktuellen Situation
Auslöser der derzeitigen Situation war die Immobilienkrise in den USA, die sich dann auch auf europäische Länder wie Spanien oder Irland ausweitete. Durch das Platzen der Immobilienblase wurde ein Prozess angestoßen, in welchem die Kredite verstärkt zurückgefahren werden mussten, mit welchen vorher Immobilien finanziert wurden. In der Folge sank die Menge der vergebenen Kredite dramatisch, was zum einen für eine Beschleunigung des Preisverfalls sorgte und zum anderen zu einer Verknappung der Geldmenge führte. Dies löste eine Kettenreaktion aus, die sich auf die Banken und die Staatshaushalte auswirkte.
Um diesen Prozess entgegenzuwirken, senkten die Notenbanken das Zinsniveau dramatisch ab. Die niedrigen Zinsen sollen die Nachfrage nach Krediten ankurbeln und somit wieder Nachfrage in der Realwirtschaft erzeugen, was gleichzeitig dem Preisverfall begegnen soll. Soweit die Theorie. In der Praxis ist die Entwicklung natürlich nicht so einschichtig. Die günstigen Kredite müssen natürlich zunächst einmal abgerufen werden. Dies war lange nicht der Fall, denn natürlich werden Investitionen nur dann getroffen, wenn auch die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen stimmen. Die Investitionen der Unternehmen hielten sich also lange in Grenzen.
Die Folgen und die jetzige Situation
In Deutschland haben die niedrigen Zinsen insbesondere dazu geführt, dass ein Immobilienboom ausgelöst wurde, den man hierzulande über Jahrzehnte in der Form nicht mehr gesehen hat. Auch im Bereich des privaten Konsums macht sich das billige Geld in Form von eine hohen Konsumfreude bemerkbar. Nicht zuletzt ging es auch den Unternehmen in den vergangenen Jahren zunehmend besser und es konnten steigende Gewinne ausgewiesen werden.
Insofern spricht in Deutschland derzeit eigentlich alles für eine steigende Preisentwicklung. Dennoch ist das Gegenteil der Fall, mit Inflationsraten auf sehr niedrigen Niveaus. Der Hintergrund ist insbesondere der, dass die Inflationsrate nur die Verbraucherpreise misst und nicht die Vermögenspreise. Würden also Immobilien und Aktien in die Berechnung einfließen, sähe diese sicherlich anders aus. Aber die Verbraucherpreise steigen derzeit nicht, vor allen auch weil die Energiekosten sich sehr moderat entwickelt haben. Aber auch die Löhne sind noch nicht auf breiter Front gestiegen, was die typische Lohn-Preis-Spirale noch nicht in Gang gesetzt hat. Derzeit steigen eben nur die Vermögenspreise, was natürlich die gleiche Gefahr in sich birgt, wie damals in den USA, nur eben diesmal für den Aktienmarkt. Das würde die Deflationsgefahr noch einmal deutlich erhöhen, zumal der Handlungsspielraum der Notenbanken bei den ohnehin schon rekordniedrigen Zinsen dann sehr eingeschränkt wäre.
Aber auch das Szenario, dass die Inflation sich früher oder später einstellen könnte, ist nicht auszuschließen. Sobald das günstige Geld, das von der Zentralbank zur Verfügung gestellt wird, in den Kreislauf kommt, indem verstärkt Investitions- oder Konsumkredite abgerufen werden, solle sich dies auch auf die Verbraucherpreise auswirken. Auch Lohnerhöhungen finden derzeit verstärkt statt, so dass die Lohn-Preis-Spirale langsam in Gang gesetzt werden könnte. Nicht zuletzt sorgen die derzeitigen Unruhen in mehreren Ländern des Nahen Ostens für eine Verteuerung der Energiepreise, was auf die Verbraucherpreise wirken könnte.
Die Szenarien und deren Auswirkungen
Wir halten derzeit beide Szenarien für möglich. Daher sollte man sich als Anleger auch auf beide Möglichkeiten vorbereiten und sein Vermögen entsprechend darauf einstellen. In den folgenden Absätzen besprechen wir die verschiedenen Anlageklassen und deren Reaktion auf Inflation und Deflation.
Cash | Anleihen | Immobilien | Aktien | |
---|---|---|---|---|
Normal | Neutral | Neutral | Neutral | Positiv |
Inflation | Positiv | Negativ | Positiv | Negativ |
Deflation | Negativ | Positiv | Negativ | Negativ |
Inflation im Rahmen der Erwartungen
Das Inflationsziel der Europäischen Zentralbank und auch der Federal Reserve Bank in den USA beträgt 2 %. Bei diesem Wert sehen die Institute die langfristige Preisstabilität gegeben. In diesem Szenario sollten die Zinsen auf einem normalisierten Niveau rangieren und Tagesgeld einen entsprechenden Zins abwerfen, der immerhin die Preissteigerungen ausgleicht. Auch für Anleihen ist dieses Umfeld eher als neutral einzustufen, da die Renditen gleichbleibend sind und sich der Anleihemarkt mehr oder weniger in einem Zustand des Gleichgewichts befindet. Auch für den Immobilienmarkt bedeutet der Zustand einer moderaten Inflation einen neutralen Gleichgewichtszustand, in welchem die Mietniveaus leicht steigen und sich nahe den langfristigen Durchschnittswerten befinden.
Positiv ist dieser „Normalzustand“ auf jeden Fall für Aktien. Während die Preisniveaus nahezu stabil bleiben und die Kosten ebenfalls keine Exzesse aufweisen, droht auch nur wenig Gefahr einer Zinserhöhung, was zum einen Investitionen verteuern würde, aber zum anderen vor allem die Gefahr des Abwürgens der Konjunktur mit sich bringen würde. Im „Normalfall“ sind Aktien also die beste Wahl, um gute Renditen zu erwirtschaften.
Deflation
Bei deflationären Tendenzen sind die Zinsen nahe Null. Dies ist derzeit in Europa und in den USA der Fall und bringt den deflationären Druck zum Ausdruck, denen wir uns ausgesetzt sehen, wenngleich noch keine Deflation herrscht. Auf dem Geldmarkt sind jetzt kaum mehr Zinsen zu erzielen. Berücksichtigt man derzeit die Preissteigerungen, wenngleich diese sehr gering sind, wird sogar eine negative Rendite erzielt. Cash horten ist demnach bei Deflation eine schlechte Wahl.
Anleihen sind hingegen attraktiver. Durch die sinkenden Zinsen werden die Kupons der Anleihen attraktiver. Allerdings muss man dabei auch beachten, dass das Risiko von möglichen Ausfällen im Zuge der sinkenden Preisniveaus steigt, wie Eingangs bereits beschrieben. Immobilien sind bei Deflation hingegen keine gute Wahl. Da die Preise von Vermögenswerten fallen, fallen auch die Immobilienpreise. Nicht zuletzt dürften auch die Mietniveaus sinken und damit die Einnahmen.
Auch Aktien sind als Vermögenswerte von den sinkenden Preisen betroffen, insbesondere weil die Nachfrage der Kunden abnimmt. Jedoch sind nicht unbedingt alle Aktien im gleichen Maße betroffen. Zum Beispiel profitieren Unternehmen, die einen hohen Rohstoffeinsatz haben von den sinkenden Preisen. Diese Unternehmen können dann günstiger produzieren und steigern damit die Gewinne, vorausgesetzt die Verkaufspreise sinken nur unterproportional. Gefragte Produkte mit Alleinstellungsmerkmal sind hier zu bevorzugen. Auch unverschuldete Unternehmen sind im Vorteil. Hohe Schulden werden in einer Deflation, bei sinkenden Gewinnen der Unternehmen, schwieriger zurückbezahlt werden können. In der Deflation gilt also: wenig kapitalintensive, rohstoffverbrauchende und unverschuldete Unternehmen sind Trumpf.
Inflation
Bei Inflation werden die Zinsen angehoben, um das Wachstumstempo und damit die Preissteigerungen zu drosseln. Steigende Zinsen kommen natürlich Sparern zu Gute, die für ihre Einlagen mehr bekommen. Auf der anderen Seite muss man beachten, dass die Kaufkraft des Geldes schwindet und der höhere Zins damit auch verpuffen könnte.
Nicht zu Gute kommt Inflation Anleihen, deren Renditen auf Grund der erhöhten Inflationserwartungen steigen und die Anleihekurse daher sinken. Positiv wirkt eine erhöhte Inflation dagegen auf Immobilien, da die Preise von Vermögenswerten steigen und damit die Werte von Immobilien. Auch die Mieten steigend mit zunehmender Inflation.
Differenziert ist die Betrachtung wiederum bei Aktien. Während die steigenden Vermögenspreise zum einen positiv wirken, machen sich die steigenden Preise zum anderen auch in den Kosten bemerkbar und könnten die Gewinne schmälern. Daher ist es in Phasen inflationärer Tendenzen wichtig, auf Unternehmen zu setzen, denen es gelingt, die steigenden Preise an seine Kunden weiterzuleiten, so dass die Umsatzerlöse im Gleichklang mit den Kosten steigen. Solche Unternehmen sind auch bei anziehenden Preisniveaus gute Investments.
Fazit
Die Wirtschaft befindet sich derzeit an einem Scheideweg. Sowohl eine Deflation, als auch eine Inflation, ist in den kommenden Quartalen und Jahren denkbar. Wie wir festgestellt haben, reagieren die unterschiedlichen Anlageklassen sehr unterschiedlich auf die verschiedenen Entwicklungen. Vor diesem Hintergrund betrachtet, bieten sich aus unserer Sicht nur Aktien als dauerhafte und sinnvolle Anlageklasse an, zumal diese auch in einem „normalen“ Szenario am besten geeignet sind, wie sich in den vergangenen Jahren der Aktienmarkt-Hausse gezeigt hat. Wenn man darauf achtet, dass das Unternehmen insbesondere unverschuldet ist (im Falle der Deflation) und eine gute Preissetzungsmacht am Markt hat (im Falle der Inflation) sollte man in allen Szenarien gute Chancen haben gute Renditen zu erzielen.